Ganz ehrlich: Ich halte nicht viel von 50 Shades of Grey. Die Sprache der Bücher ist hölzern, die Filme sind amerikanischer Schmonzetten-Mainstream und die BDSM-Aspekte gelten unter Wissenden als fragwürdig bis gefährlich.
Dennoch: Viele Menschen – insbesondere Frauen – haben durch 50 Shades of Grey nicht nur ihre Lust auf erotische Unterwerfung und Lustschmerz entdeckt, sondern wagen sich mit dieser ihrer Lust zum ersten Mal aus dem Untergrund dunkler Schuldgefühle.
Wenn selbst seriöseste Blätter darüber schreiben, wenn ganze Mädelsabende deswegen ins Kino verlegt werden, wenn sogar die als eher prüde geltende Freundin / Kollegin / Bekannte offen darüber spricht, kann man sich ja auch ein wenig damit beschäftigen, ohne gleich als ‚pervers‘ zu gelten …
‚Hassliebe‘, weil ich 50 Shades of Grey zwar als Buch, Film, Story und unter BDSM-Gesichtspunkten nicht wirklich gut finde, aber anerkenne, dass die Autorin vielen Frauen sehr geholfen hat, die ihre diesbezügliche Leidenschaft bisher unterdrückt hatten.
Um Geschichte und Realität in ein gesundes Verhältnis zu bringen ein paar Gedanken und Anmerkungen, insbesondere für Frauen, deren BDSM-Lust durch 50 Shades of Grey geweckt wurde:
1. Es gibt sehr, sehr wenige 26-jährige Selfmade-Milliardäre. Ähnlich selten sind gute Doms in diesem Alter.
2. Christian Grey ist nicht dominant. Denn für echte Dominanz wären Gelassenheit, innere Ruhe und zu wissen, was man tut, wesentliche Voraussetzungen. Eigenschaften also, die Christian Grey weitestgehend fehlen. Er ist nicht nur mit sich selbst nicht im Reinen, sondern stalkt und manipuliert Anastasia. Das alles sind Zeichen großer Unsicherheit und damit von Nicht-Dominanz (siehe auch Punkt 3).
3. Anastasia Steele ist weder devot noch masochistisch und wäre damit als Frau für einen wirklich dominant veranlagten Mann uninteressant, denn dieser erwartet echte Hingabe und hat es weder nötig, Frauen zu manipulieren, noch sie zu stalken (siehe auch Punkt 2).
4. Nimm die Geschichte von 50 Shades of Grey als das, was sie ist: Leichte Unterhaltung mit erotischen Anklängen und einem Realitätsbezug, der nicht weit entfernt ist von Vampir-Romanen (was 50 Shades of Grey ursprünglich ja auch werden sollte).
5. Gib Dich bei der Lektüre oder nach einem Kinobesuch Deinen wilden Fantasien von erotischer Unterwerfung und Lustschmerz hin und tue das alles ohne Scham und ohne Dich ‚pervers‘ zu fühlen. Aber vergiss bitte (fast) alles, was Du in 50 Shades of Grey über BDSM gelesen oder gesehen hast. Es hat mit der Realität nichts zu tun. Zumindest wenn sie für alle Beteiligten gut sein soll.